2017 habe ich einige Dinge in meinem Leben verändert – ich hatte schließlich genug Zeit. Unter anderem habe ich meine Pille abgesetzt. Dieser Beitrag ist der erste einer Reihe, die es im Laufe des Jahres mit insgesamt acht Beiträgen geben wird und die ich jeweils mit den Worten „1 Jahr“ und dem jeweiligen Thema kennzeichnen werde. Viel Spaß beim Lesen wünsche ich dir.
Nebenwirkungen der Pille
Macht die Pille wirklich depressiv?
Eine ganze Zeit lang ist es immer wieder Thema: Die Nebenwirkungen der Pille. Immer mehr Frauen gehen dazu über die Pille abzusetzen und anderweitig zu verhüten – und vor allem darüber im Netz zu berichten. Dabei geht es nicht so sehr um die Pille als Verhütungsmittel, eher um die auftretenden Nebenwirkungen. Aber nicht nur die Einnahme, auch das Absetzen der Pille ist nicht ganz ohne – zumindest in der Anfangszeit. Warum ich die Pille nicht mehr nehme und auch nicht mehr nehmen werde erfahrt ihr hier.
Um die ganze Geschichte zu erzählen, muss ich jedoch etwas weiter ausholen…
Diagnose Depression.
Bevor ich überhaupt im Mai 2013 die Diagnose von meiner Hausärztin bekam ging es mir schon eine ganze Weile nicht mehr gut. Auslöser meiner Depression war unter anderem ein traumatischer Zahnarztbesuch und ca. ein halbes Jahr ging ins Land bis ich tätig wurde und zur Ärztin ging. Ein halbes Jahr in dem ich mit meinem damaligen Freund so gut wie jeden Tag gestritten habe. Jeden Tag prasselten Vorwürfe und verletzende Worte auf mich ein. Auf der Arbeit kam ich regelmäßig an die Grenzen des für mich Leistbaren. Mein Immunsystem war quasi nicht vorhanden. An allen Fronten war ich am kämpfen: Auf der Arbeit, in Freundschaften, in der Beziehung, gesundheitlich. Nicht mal an meinen Hobbies hatte ich mehr Spaß. Spontan konnte ich eine DIN A4-Seite an Dingen zusammentragen die sich an mir selbst in der letzten Zeit verändert hatten.
Als ich die Diagnose bekam war ich damit auf mich alleine gestellt. Was bedeutet das für mich? Wie geht es jetzt weiter? Mein damaliger Freund konnte mit meiner Depression nicht umgehen und hat aus lauter Verzweiflung ziemlich alles falsch gemacht was man im Umgang mit einem depressiven Menschen nur falsch machen kann. Trotz Beziehung habe ich mich einsam gefühlt und wusste, dass ich von ihm keine Unterstützung erwarten konnte. Unwichtig zu erwähnen, dass die Beziehung nicht sehr lange gehalten hat.
Niemals wäre ich damals auf den Gedanken gekommen, dass die Depression mit meiner Pille zusammenhängt. Vielmehr genoss ich stattdessen die Vorteile der Pille, die sich bei mir in einem besseren Hautbild und weniger starken Regelschmerzen äußerten. Immer wieder fiel mir aber auf, dass die Unterschiede zwischen meiner guten und meiner schlechten Stimmung beständig größer wurden. Zwischen himmelhochjauchzend und zutodebetrübt gab es nichts, aber auch wirklich gar nichts. Für mich ein untragbarer Zustand, den ich so nicht akzeptieren konnte und wollte.
Nachdem nun heraus war, dass ich depressiv war, war ich irgendwie erleichtert. Endlich hatte das Baby einen Namen und ich konnte aktiv etwas dagegen tun. In dieser Zeit telefonierte ich viel. „Die Suche nach einem Psychotherapeuten kann sich sehr in die Länge ziehen“, wurde mir gesagt, aber ich hatte Glück und fand relativ schnell eine Psychotherapeutin. Die Gesprächstherapie war ziemlich nervenaufreibend und jedes Mal kam ich heulend aus den Terminen. Ein paar Termine verstrichen und meine Psychotherapeutin teilte mir mit, dass sie mich nicht weiter behandeln könne, da sie es nicht für die richtige Therapieform hielt. Verhaltenstherapie würde besser passen. Also saß ich wieder da und telefonierte viel. Einen Termin bei einer Gesprächstherapeutin hatte ich relativ schnell, allerdings waren hier erst Therapieplätze in 6 Monaten frei. Das erschien mir wie eine halbe Ewigkeit. Wie sollte ich das so lange alleine schaffen? Also entschied ich mich dagegen und nahm mir fest vor weiter zu suchen.
Weitergesucht hatte ich nur kurz und verwarf den Gedanken an die Therapie wieder. Theoretisch wusste ich was ich zu tun hatte, der Weg dahin war das Problem. Die Situation auszuhalten bis ich etwas ändern konnte war die wirkliche Herausforderung. Am meisten belastete mich die Situation an meinem damaligen Arbeitsplatz. Der reinste Psychoterror war es für mich, manchmal frage ich mich heute noch wie ich das Ganze überhaupt ausgehalten habe. Meine Situation änderte sich, als ich mit meinem damaligen Freund Schluss machte. Mittlerweile habe ich auch den belastenden Arbeitsplatz verlassen und arbeite an meiner gesundheitlichen Situation indem ich regelmäßig Sport mache und versuche mich einigermaßen gesund zu ernähren.
Auf den Gedanken, dass die Pille schuld sein könnte an meiner Depression kam ich durch Artikel anderer Frauen, die ich gelesen hatte. Aber es macht für mich insofern Sinn, da die Pille vollgestopft ist mit Hormonen und meinem Körper regelmäßig vorgaukelt, dass ich schwanger bin. Diese kleine fiese Tablette löst so Einiges aus. In meinem Fall hat sie die Stimmungen verstärkt, ob gut oder schlecht. Und ich kann euch sagen: Es ging mir oft schlecht. Ich konnte mich selbst nicht ausstehen für meine Launigkeit.
Pillenfreie Zeit.
Nach Rücksprache mit meinem Frauenarzt habe ich die Pille im März 2017 nach intensivem Abwägen abgesetzt. Und ich kann mir nicht vorstellen sie wieder zu nehmen. Im Hinterkopf habe ich dabei die schlechten Erinnerungen an die Zeit mit der Pille. Das möchte ich nicht wieder erleben, das ganze Gefühlschaos, die Launen. Mir graust es davor. Lieber nutze ich die Alternativmöglichkeit der Verhütung, aber darum soll es hier nicht gehen. Würde ich jemals nochmal vor der Wahl stehen – Depressionen oder schlechteres Hautbild? – ich würde mich immer wieder gegen die Depressionen entscheiden, und damit gegen die Pille. „Pille? – Nein, danke!“
Mein Zyklus war direkt nach dem Absetzen der Pille natürlich total durcheinander und brauchte erst einmal ein paar Monate um sich wieder einzupendeln. Und auch heute, ein Jahr nach dem Absetzen kommt sie nicht regelmäßig (ich schätze es liegt auch ein wenig am Stress). Aber das ist okay. Seit ich die Pille abgesetzt habe, habe ich ein Gefühl dafür entwickelt wann ich sie bekomme. Es ist dieses leichte Ziehen im Unterbauch, das mich daran erinnert.
Es ist auch bei weitem nicht so, dass mich mein schlechteres Hautbild nicht stört. Unreinere Haut habe ich hauptsächlich wenn meine Periode im Anmarsch ist oder ich mich nicht sonderlich um meine Ernährung bemüht habe. Aber ich weiß genau wie sehr mich meine eigene schlechte Laune und meine Weinerlichkeit während der Einnahme der Pille gestört haben. Dagegen empfinde ich mein schlechteres Hautbild als sehr viel kleineres Übel. Auch ein Jahr nach Absetzen der Pille habe ich noch immer die Hoffnung, dass mein Hautbild irgendwann besser wird. Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Meine Stimmungsschwankungen haben sich dafür sehr gebessert nach dem Absetzen der Pille. Es geht mir generell sehr viel besser. Ich fühle mich wohler in meiner Haut und habe ein viel besseres Körpergefühl entwickelt. In der dunklen Jahreszeit habe ich ab und an noch Probleme damit, aber das empfinde ich als relativ normal.
In all den Monaten in denen ich die Pille nun nicht mehr nehme habe ich es kein einziges Mal bereut sie nicht mehr zu nehmen.
Der nächste Beitrag aus dieser Serie erscheint am 13.04.2018.