Ja, … aber. – Ein Leben wie im Märchenbuch.
Wir alle kennen es: Bei anderen sieht alles schön und perfekt aus. Es läuft alles wie am Schnürchen, sie sind glücklich, erfolgreich, attraktiv und führen die perfekte Beziehung. Auf der Arbeit sind sie immer besser als andere und generell sind sie viel beliebter und haben auch nie nur den Hauch eines Pickels im Gesicht. Ihnen fliegt alles zu. Sie leben das perfekte Leben, wie im Bilderbuch – oder sollte ich sagen Märchenbuch?
Ganz ehrlich, oft genug ist das lediglich das Bild, welches sie nach außen transportieren wollen. Sie wollen so makellos wirken. Oder sind sich – im schlimmsten Falle – dessen gar nicht bewusst. Wer gibt denn schon gerne zu, dass es gerade nicht läuft? Dass es nicht perfekt ist? Oft ist es so, dass die, bei denen es perfekt zu sein scheint genauso zerfressen von Selbstzweifeln sind, regelmäßig mit ihrem Partner streiten oder unglücklich sind weil sie vielleicht mal wieder nicht befördert wurden, einen Haufen Schulden haben oder unter einer chronischen Krankheit leiden. Und die ach so makellose Haut ist zugekleistert mit acht Schichten Schminke. Selten ist es wirklich so wie es scheint. Oft lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen um den ersten Eindruck zu revidieren und der Realität ein Stück näher zu kommen.
Immer wieder fällt mir auf, dass wir nur das Positive kommunizieren und verbreiten, was aber ist mit dem „Negativen“, den nicht so tollen Dingen, dem Unperfekten? Es wird totgeschwiegen. Dabei wäre es häufig so hilfreich es einfach zu kommunizieren nach dem Motto „Ich hatte einen Streit in der Familie und bin etwas durch den Wind“. Klare Worte, einfach zu verstehen – und Rücksicht nehmen kann das Gegenüber dann auch.
Ist es wirklich so schwer einzugestehen, wenn etwas nicht läuft? Ist es wirklich so schwer, seine eigene Unperfektheit zu leben? Ist es wirklich so schwer, Mensch zu sein? Wir alle machen Fehler. Dafür sind wir hier. Es gibt keine Gebrauchsanweisung. Das ist nunmal das Leben. Fehler machen, daraus lernen, hinfallen und wieder aufstehen – all das macht Leben aus. All das bedeutet, dass du am Leben bist.
Gerade in diesem Moment in dem ich diese Zeilen verfasse, sitze ich in einem Café in Wiesbaden an meinem Laptop und beobachte. Das Café hat kostenloses W-Lan und ist gleichzeitig auch Coworking-Space. Und genau das merkt man. Die anderen Café-Besucher tippen fleißig auf ihren Laptops oder unterhalten sich. Teilweise privat, teilweise beruflich. Wer sind wohl diese ganzen Menschen? Was machen sie beruflich? Was bewegt sie? Keiner weiß was sie beschäftigt. Man sieht es ihnen nicht an. Und ist das nicht auch gut so? Wie wäre es wohl mit einem Stempel auf der Stirn durch die Gegend laufen zu müssen, der allen anderen schon vor dem ersten Gespräch etwas zu viel über einen selbst verrät? Ob sie wohl merken, dass ich sie gerade beobachte? Ihre Gespräche belausche? Ein bisschen amüsiert bin ich ja schon – zugegebenermaßen. Allerdings frage ich mich, ob so ein Café überhaupt die richtige Location ist um Business-Gespräche zu führen. Mir persönlich wäre die Gefahr zu groß Mithörer bei solch sensiblen Themen zu haben. Aber vielleicht bin ich in der Hinsicht auch übervorsichtig – who knows.
Adieu, Fernlehrgang.
Lange Zeit konnte ich mir selbst nicht eingestehen, dass mein Projekt „Fernlehrgang“ nicht mehr das ist, was ich möchte. Tatsache ist, dass ich bereits seit Juli 2014 studiere, aber in dieser ganzen Zeit lediglich 2 Einsendeaufgaben abgegeben habe. Von knapp 40. Das ist verdammt wenig. Die Regelstudienzeit ist lange abgelaufen, die kostenlose Verlängerung um ein Jahr ebenfalls. Als ich vor Wochen meinen Wochenplan mit entsprechenden Thementagen eingeführt habe um etwas mehr Struktur in meinen Alltag zu bringen und meine Projekte regelmäßiger zu bearbeiten, fiel mir immer wieder auf, dass mir der Fernlehrgangs-Donnerstag unheimlich schwer fällt und ich mich absolut nicht dazu aufraffen kann. Was hat es für einen Sinn den Fernlehrgang unter diesen Umständen weiter zu führen? Sich zu quälen wenn es keinen Spaß macht?
Vor ein paar Wochen habe ich mich endlich dazu durchringen können, den Fernlehrgang abzubrechen. Endlich habe ich es getan, was für ein befreiendes Gefühl.
Andererseits fühlt es sich natürlich auch ein wenig nach versagen an. Dabei kann man es genauso als Stärke auslegen etwas zu beenden, was einen nur noch belastet. Dazu braucht man Mut. Und man braucht Mut dazu, um auch mit solchen Dingen offen umzugehen. Und es auf dem Blog zum Thema zu machen finde ich schon ziemlich gewagt.
„Hallo und herzlich Willkommen. Mein Name ist Kerstin und ich bin nicht perfekt.“ – und … wer bist du?
„Ich bin nicht perfekt und das ist gut so!“