Warum es kein Problem sein sollte schüchtern zu sein.
Vor kurzem las ich in einer Anzeige bei Facebook: „Probleme mit Schüchternheit?“ Natürlich ging es darum ein Coaching zu verkaufen, was auch sonst. Schüchternheit ist kein Problem! Es juckte mir in den Fingern den Beitrag zu kommentieren und genau das tat ich. Eine Reaktion auf meinen Kommentar bekam ich nicht, dennoch finde ich es wichtig das Thema gerade zu rücken.
Mein ganzes Leben lang dachte ich: Ich bin nicht in Ordnung. Ich muss offener werden. Mit Schüchternheit komme ich nicht weiter. Aber warum sollte das so sein? Warum soll ich mich so verbiegen?
Die Wahrheit ist: Es ist sogar gut, dass ich schüchtern bin. Ich bin ein stiller Mensch, das bin ich schon immer gewesen. Meine Familie, Freunde und Bekannten schätzen mich dafür, dass ich eine gute Zuhörerin bin und fast immer einen Ratschlag für sie parat habe.
Die Meinung hält sich hartnäckig, dass schüchterne Menschen sich nicht durchsetzen können. Meine Eltern haben mich so erzogen, dass ich andere ausreden lasse. Es ist bei weitem nicht so, dass ich andere ausreden lasse weil ich mich nicht durchsetzen kann. Das kann ich sehr wohl. Obwohl ich schüchtern bin, kann ich ein ziemlicher Dickkopf sein. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wie viele andere, vertrete auch ich meine Meinung. Wenn ich etwas nicht möchte umso mehr.
Letztes Jahr hatte ich ein Vorstellungsgespräch als Assistentin der Geschäftsführung in einem kleinen Unternehmen. Die Chefin, etwa 10 Jahre älter als ich, erzählte mir, dass sie in der Firma alle Hände voll zu tun hat, da sie Personal, Marketing und Geschäftsleitung alleine bewerkstelligt und auch noch im Verkauf tätig ist. Sie stellte schnell fest, dass ich mit meiner ruhigen Art gut zu der Stelle passe. Jemanden der Hektik verbreitet und ständig im Mittelpunkt stehen möchte braucht sie nicht. Mit solchen Menschen arbeitet wohl niemand gerne zusammen.
Bevor ich mich aufrege suche ich lieber Lösungen. Mir ist einmal während der Arbeit ein Fläschchen Nagellack in der Hosentasche ausgelaufen. Eine ehemalige Kollegin hatte den Geruch bemerkt. Mein einziger Gedanke war „Hoffentlich sieht man nichts!“, ich bin ins Bad gerannt und habe im Spiegel geprüft ob der Nagellack schlimmere Schäden angerichtet hat. Hatte er zum Glück nicht, auch wenn meine Hosentasche seit dem rosa ist.
Mir wurde schon oft gesagt ich sei eine angenehme Gesprächspartnerin, könne gut zuhören. Eine ehemalige Kollegin meinte ich sei bewundernswert ruhig in stressigen Situationen. Ein großes Kompliment für mich über das ich mich sehr gefreut habe.
Es wird in diesem Leben viele Menschen geben, die versuchen dir einzureden du seist nicht gut genug und die dich verändern wollen. Ob bewusst oder unbewusst lasse ich an dieser Stelle mal so stehen. Wichtig ist, dass du mit dem zufrieden bist, was du darstellst, wie du bist, wie du andere behandelst. Du musst mit deinem Leben und dir selbst zufrieden sein, sonst niemand. Und es ist nunmal so, dass nicht jeder selbstbewusst oder ein Draufgänger sein kann. Wie langweilig wäre das im Übrigen wenn alle gleich wären? Du bist ein wertvoller Teil dieser Gesellschaft, vergiss das nie!